6. Mai 2018

In den Google Suchergebnissen sollen in Zukunft mehr Podcasts vorkommen

Podcasts und Audio-Inhalte spielen in den Google-Suchergebnissen bisher kaum eine Rolle. Es ist gar nicht so leicht Podcasts zu finden und genau so schwierig ist es auch, Hörer für eigene Podcasts zu finden. Dies soll sich anscheinend demnächst ändern.

Dadurch könnten Podcasts ganz neue Hörer erreichen. Dies passt gut zur Entwicklung der Virtuellen Assistenten, wie Amazon Alexa oder Googles Home. Ich habe vor einigen Jahren auch mal einen Podcast mitproduziert und arbeite derzeit mit an einem Alexa-Skill über gesunde Ernährung. Ich mag das Audio-Format sehr gerne und für alle, die Content erstellen (wollen), ist es in Zukunft mehr als eine Überlegung wert.

12. Januar 2017

Gibt es bald keine Musikinstrumente mehr?

Von Lukas Böhnlein
Beitrag ursprünglich gesendet am 11.12.2014 bei OS Radio

Musik entsteht heute überwiegend elektronisch. Oft produzieren Musiker ihre Stücke am Computer. Gibt es bald also keine Musikinstrumente mehr? Oder finden wir sie nur noch im Museum, neben der mechanischen Schreibmaschine und den antiken Tonscherben? Und was bedeutet das für live Konzerte? Lukas Böhnlein sprach darüber mit dem Musikwissenschaftler Arne Bense und produzierte diesen Radiobeitrag für den Unifunk Osnabrück, der bei OSRadio gesendet wurde.




Aus diesem Interview mit Arne Bense entstanden übrigens auch diese 10 Tipps, wie du elektronische Musik live auf die Bühne bringen kannst.




Weiterführende Links

 

In seinem Blog schreibt Arne Bense über elektronische Musik, über virtuelle Musikinstrumente und viele weitere Themen: http://www.therestlessmachine.de

Auf der Seite der Universität Osnabrück über Arne Bense findest du neben Informationen zu Ihm auch seine angebotenen Lehrveranstaltungen: http://www.musik.uni-osnabrueck.de/forschung/musik_und_medientechnologie/personen/dr_arne_bense.html

Musikprojekte von Arne Bense:

Stil & Bense: http://stilundbense.de/

Etangō: http://www.e-tango.de/


Hier der Text zum Beitrag


Track: Stil & Bense - Lost & Found feat. kATTA (ca 5 Sek.)
(Fade out: Musik weiter leise im Hintergrund)
Virtuelle Musikinstrumente lösen in der modernen Musikproduktion akustische Instrumente immer mehr ab. Hier im Lied „Lost & Found”, das gerade läuft sind traditionelle und virtuelle Instrumente gleichzeitig dabei.
(Musik: Fade in / fade out)
Es ist ein neues Werk des Duos „Stil und Bense“. Ein Namensgeber und Mitglied des Duos ist der Musikwissenschaftler Arne Bense. Hauptberuflich lehrt und forscht er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Osnabrück im Bereich der elektronischen Musik. Er selbst spricht lieber von Medienmusik.
(Musik: Fade out)

O-Ton: Medienmusik 15 Sek.
Ich meine die meisten akustischen Instrumente oder traditionellen Instrumente hören wir durch Medien, durch Lautsprecher. Also der Anteil der Musik, die wir ohne mediale Vermittlung hören ist sehr sehr gering.

Bense beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, was Instrumente sind. Für Ihn kann alles zu einem Instrument werden, was Töne erzeugen kann. Also auch eine Software. Musiker werden daher auch in Zukunft auf Instrumenten spielen. Nur werden diese wohl anders aussehen und immer wieder weiterentwickelt. Das ist nichts Neues: Auch das Klavier war beispielsweise ein großer Fortschritt in der Geschichte der Musikinstrumente. Nun ein weiterer Fortschritt:
Durch die elektronische Klangerzeugung ergeben sich nun wieder viele neue Möglichkeiten: Neue Sounds, Rhythmen und Melodien, die Musikern auf traditionellen Instrumenten gar nicht oder nur schwer spielen könnten. Konzerte könnten so aber auch langweilig wirken.


O-Ton: Laptop 24 Sek.
Es gibt natürlich dieses immer wiederkehrende Klischee, und jetzt bring ich es auch noch mal, des elektronischen Musikers da auf der Bühne, der nur in sein Gerät auf den Bildschirm schaut und in der Regel leuchtet da von der anderen Seite des Gerätes so ein angebissener Apfel. Und man weiß nicht genau, guckt der jetzt seine E-Mails nach oder ist er bei Facebook oder was passiert da eigentlich.


Die meisten Künstler spielen aber nicht einfach ein fertig aufgenommenes Konzert ab. Meistens werden nur einzelne Elemente vorher produziert –sogenannte Loops und Samples. Der Ablauf eines Stückes ist dann nicht mehr zwangsläufig von vorneherein festgelegt. Ein Musiker kann während dem Konzert in jedem einzelnen Moment spontan entscheiden, wie es weitergehen soll. Dabei kann er auf die Stimmung des Publikums reagieren. Und neue elektronische Geräte, können das auch sichtbar machen:


O-Ton: Datenhandschuh 21 Sek.
Man ist ja nicht beschränkt auf den Computer und die Computertastatur. Sondern man kann heutzutage über Bewegung, verschiedene Sensoren etc. Sounds steuern. Es gibt relativ früh schon Experimente mit so Datenhandschuhen Musik zu steuern, die man sich dann so überstreift.


Neben diversen Controllern zum Steuern von Computerprogrammen sieht Bense eine weitere Möglichkeit in der Visualisierung von Musik. Viele Musiker setzten Videos und Animationen ein um ihre Konzerte interessanter zu machen. Das könnte aber dazu führen, dass Videos über eine mangelnde Live-Show hinwegtäuschen. Er selbst spielt aber auch gerne Gitarre live zu seinen eigenen Stücken. Akustische und elektronische Instrumente bereichern sich also gegenseitig und stehen nicht unbedingt in Konkurrenz zueinander.


10. Januar 2017

10 Tipps, wie du elektronische Musik live auf die Bühne bringen kannst

Von Lukas Böhnlein
ursprünglich veröffentlicht am 13.01.2015 auf Backstage Pro



Musikern und Produzenten, die ihre Musik am Computer erschaffen, und allen, die ihre Tracks Spur für Spur als Overdubs aufnehmen - also auch vielen von euch stellt sich irgendwann die Frage: Ich habe zwar gelungene Songs aufgenommen, nur wie bringe ich mein Werk live auf die Bühne? 10 Anregungen findest du in diesem Artikel.

Dr. Arne Bense, Musikproduzent und Musikwissenschaftler an der Universität Osnabrück. Bense forscht im Bereich der elektronischen Musik, Foto: Lukas Böhnlein


Elektronische Musik live spielen. Auf einem Keyboard vielleicht noch möglich, aber was, wenn es ein komplizierteres Arrangement ist? Fünf Keyboarder anheuern? Und wer muss dann den durchgehenden Shaker spielen? – Also doch einfach nur Playback?
Im Gespräch mit dem Musikproduzenten und Musikwissenschaftler Dr. Arne Bense und aus eigenen Erfahrungen des Autors ergaben sich folgende Anregungen, wie du deine elektronische oder vorproduzierte Musik live spielen kannst:

1. Spiele mit deinem Sound

Wenn du rein elektronische Musik machst, werde DJ. Mit Turntables oder dem Laptop kannst du deine Tracks abspielen: je nach Musikrichtung und Geschmack. Achte auf dein Publikum, um immer auf die aktuelle Stimmung zu reagieren und immer den passenden Song parat zu haben. Mach deine Performance abwechslungsreicher, in dem du beispielsweise Hüllkurven oder den Equalizer live veränderst.
Auch Effekte, die du während der Show dazumischst, können deinem Sound live mehr Lebendigkeit einhauchen. Ein weiterer Bonus: Deine Songs unterscheiden sich dadurch ein wenig von den Studio-Versionen, die das Publikum von CD oder aus dem Internet kennt.

2. Arrangiere live

Richtig „live“ wird dein Konzert aber erst, wenn du die Kontrolle über den Ablauf deiner Songs hast. Arne Bense, der selbst mit seinem Duo Stil & Bense elektronische Musik produziert und live auflegt, sagt dazu: „Es gibt verschiedene Programme, herkömmlicherweise Ableton Live oder Traktor, mit denen man bestehende Stücke in Loops zerlegen kann.“ Seit einiger Zeit gibt es eine etwas günstigere Alternative zu Ableton Live: die DAW Bitwig Studio ist derzeit in der Version 1.1 erhältlich.
Welches Werkzeug du verwenden möchtest hängt natürlich von dir und deiner Musik ab. Probiere die Software deiner Wahl am besten erst mal als Demo-Version aus, bevor du dich entscheidest. „Teilweise kann man auch, wen man mit Ableton Live arbeitet, auf die einzelnen Spuren zugreifen und in der Clubsituation dann das ganze Stück nochmal von Null auf Neu arrangieren“, so Bense. Anfang und Ende eines Stückes ist dann nicht mehr festgelegt und als Musiker kannst du in jedem Moment entscheiden, wie es weitergehen soll.
Du kannst deinem Publikum ein einmaliges Erlebnis bieten. Dieser Abend klingt nicht wie der letzte Auftritt und auch nicht wie die CD. „Das Publikum wird das spüren, dass das jetzt plötzlich etwas ist, was aus einer Reaktion zwischen Musiker und Publikum zustande kommt“, sagt der Musikwissenschaftler Bense. „Das ist natürlich nicht nur für das Publikum, sondern auch für die Ausführenden etwas anderes, das Stück immer mal aus neuen Blickwinkeln zu betrachten.“
Aber ob das Publikum wirklich merkt, was da im Rechner passiert, ist fraglich, solange nur mit Tastatur und Maus hantiert wird. „Man weiß nicht genau, guckt der jetzt seine E-Mails nach oder ist er bei Facebook oder was passiert da eigentlich?“

3. Übernimm die Kontrolle

Aber „man ist ja nicht beschränkt auf den Computer und die Computertastatur. Sondern man kann heutzutage über Bewegung, verschiedene Sensoren etc. Sounds steuern. Es gibt relativ früh schon Experimente mit Datenhandschuhen Musik zu steuern.“ Bense betont auch noch die Möglichkeit mit Spiele-Steuerungen Sounds zu kontrollieren, z.B. mit 'Kinect' oder 'Wii'. Er hält das allerdings live für eine unsichere Angelegenheit. Es gibt aber natürlich auch eine Fülle an Controllern, die eigens fürs Musikmachen angeboten werden. Manche wurden speziell für eine Software entwickelt, andere können universell eingesetzt werden. Prinzipiell lassen sich alle Parameter über einen Controller steuern: Lautstärke, Effekte, Equalizer, Oszillatoren, Tempo usw. Über (anschlagdynamische) Pads können beispielsweise Rhythmen eingespielt oder Loops gestartet werden. Selbst sehr günstige Geräte, natürlich mit überschaubaren Funktionen, eignen sich schon zum Musikmachen.
Übrigens nicht nur live. Auch zum produzieren und komponieren sind solche Hilfsmittel sehr praktisch. Musik machen wird so nicht nur intuitiver, sondern auch für dein Publikum sichtbar.

4. MIDI-Instrumente

Noch mehr Live-Feeling bekommt dein Konzert – welch Überraschung – wenn du live spielst! Das typische „Instrument“ für elektronische Sounds ist zwar das (MIDI) Keyboard, aber warum nicht etwas anderes ausprobieren? Es gibt MIDI Gitarren, E-Drums, MIDI Blaswandler und sogar MIDI Vibraphone…

5. Akustische Instrumente

Besonders, wenn es nicht (ausschließlich) um elektronische Musik geht oder vorproduzierte Stücke live umgesetzt werden sollen: Spiele zusätzlich auch auf (elektro-) akustischen Instrumenten. Falls du ein traditionelles Instrument spielen kannst, dann spiele doch auch darauf! Wenn du es nicht kannst: Dann lerne eins – oder spiele wenigstens Kazoo, das kann jeder.
Programmierte Loops übernehmen das, was du nicht selber spielst: Beispielsweise lässt du Rhythmus, Bass und Harmonien über Ableton Live abspielen, während du dazu auf der Posaune eine Melodie spielst. Denkbar wären natürlich auch mehrere Instrumente.
Wenn Arne Bense mit Stil & Bense auftritt spielt er zusätzlich oft Gitarre: „Dann ist für alle klar, dass man das gerade hier live dazu spielt, weil es ein traditionelles Instrument ist.“

6. Nutze deine Stimme

Noch mehr als mit einem Instrument, kannst du dein Publikum mit deiner Stimme unterhalten und begeistern. Im HipHop ist es ja traditionell üblich, dass ein DJ die Beats auflegt und nur der Rap wirklich live ist. Falls in deiner Musik Rap oder Gesang sehr wichtig ist, besonders viel Wert auf den Inhalt der Texte gelegt wird, verzeiht dir das Publikum vielleicht sogar, wenn der Rest als Playback läuft.

7. Oder doch mit „Live-Band“?

Wenn du keine Lust hast mit Maus oder Controller in einer Software zu arbeiten, wenn dir  immer noch das Live-Feeling fehlt – oder wenn es sich für deine Musik einfach anbietet: Dann suche dir ein paar gute Musiker, arrangiere deine Stücke neu und lasse deine Songs von einer Band spielen. Ob das besser ist? – Geschmackssache! Eine Band kann auch dumm rumstehen, ohne jemanden zu begeistern – wie der DJ, der hinter seinem Laptop verschwindet.

8.  Füge eine weitere Erlebnisebene zur Musik hinzu

Zunehmend verwenden elektronische Acts auch visuelle Medien in ihren Shows. „Da gibt es ganz spannende Formen, beispielsweise, dass etwas, das über einen Beamer auf eine Leinwand projiziert wird auf die Musik reagieren kann,“ sagt Bense.
„Einmal gibt es da Künstler, die live diese Visuals wie ein Instrument spielen können und mit auf der Bühne stehen als Künstler. Und dann gibt es spannende Setups, bei denen automatisiert eine Visualisierung der Musik stattfinden kann. Da gibt es spannende Beispiele, wie man eine weitere Ebene zur Musik hinzufügen kann.“

9. Tanze

Ein weiteres Element: Tänzer können deine Show bestimmt noch aufwerten. Du kannst selbst auf der Bühne tanzen. Du kannst dir Tänzer suchen, die eine Choreographie zu deiner Musik entwickeln – oder du überlässt das Tanzen deinem Publikum.

10. Unterhalte dein Publikum


Egal, wie du nun planst deine Songs von der Festplatte auf die Bühne zu bringen, ob du mit einem Wii Controller herumfuchteln oder sieben Live-Instrumente gleichzeitig spielen möchtest
 Die Show ist wichtig! Rede mit deinen Zuhörern. Überrasche sie. Schau dir zum Beispiel „Dr. Pest“ an, der nicht nur Keyboard bei der Metal Band 'Die Apokalyptischen Reiter' spielt. Keyboarder stehen oft nur im Hintergrund. Er setzt sich aber passend zur Musik in Szene. Davon können sich manche elektronischen Musiker eine Scheibe abschneiden.

 
„Dr. Pest“ von den Apokalyptischen Reitern, Foto: Lukas Böhnlein


Dein Publikum möchte nicht wissen, ob du gerade deinen parametrischen EQ bei 1 Khz um 2 db angehoben hast und auch nicht, dass du gerade einen F#sus2 auf der Gitarre greifst. Nein, es will unterhalten werden! Mit guter Musik und einer unterhaltsamen Show.
Finde für dich den besten Weg deine Musik möglichst unterhaltsam zu präsentieren.

Dein Feedback

Stehst du selbst vor der Frage, wie du deine Songs auf die Bühne bringen kannst? Auf welche kreativen Ideen bist du gekommen? Teile deine Erfahrungen in den Kommentaren.

6. April 2016

Kreativität durch Rituale?

Von Sybille Benedict-Rux

Schaffen Rituale Raum für Kreativität und wenn ja, welche Rituale denn? Ist es möglich, sich kreative Köpfe zum Vorbild zu nehmen und daraus Nutzen für die eigene Kreativität zu ziehen?

Cover: Mason Currey: Musenküsse
Den Lebensgewohnheiten und Ritualen auf die Spur zu kommen, die es kreativen Köpfen unterschiedlichster Bereiche wie Künstler, Wissenschaftler, Erfinder, ermöglicht hat Freiräume zur Entwicklung und Gestaltung ihrer Ideen zu gewinnen, war die Absicht des amerikanischen Autors Mason Currey. Dafür schaute er sich die Gewohnheiten prominenter Größen aus verschiedenen Jahrhunderten näher an, las Biografien und Briefe, befragte auch einige lebende Zeitgenossen zu ihren Tagesabläufen und Arbeitsgewohnheiten.

Seine Erkenntnisse über Beethoven, Kafka, Einstein, Freud und Co. veröffentlichte er zunächst in seinem Blog „Daily Routines“, bevor sie dann in Buchform verlegt wurden. „Musenküsse“ ist der Titel der deutschen Übersetzung, die in zwei Bänden bei Kein & Aber erschienen ist. Hier besprechen wir nun zunächst den ersten Band.

"Je mehr Details unseres Alltags wir der kraftsparenden Obhut von Automatismen überlassen, desto mehr unserer höheren geistigen Kräfte werden für ihren eigentlichen Zweck freigesetzt.“ William James.

So unterschiedlich die Charaktere auch sein mögen, so fallen doch einige Gemeinsamkeiten in den Lebensweisen der 88 Kreativen auf, die Currey im ersten Band der „Musenküsse“ vorstellt. Der überaus größte Teil hat sich einen recht festen Tagesablauf gegeben, der die Zeiten festlegt, zu denen sie ihren Ideen und Visionen verfolgen. Zwar arbeitet der eine besonders gut in den frühen Morgenstunden und der andere in der Stille der Nacht, es eint sie jedoch, dass sie sich zu wiederkehrenden Tageszeiten an ihre Arbeit setzen, meist täglich. Oft wird dieser Tagesablauf auch von weiteren Routinen begleitet, die die Fokussierung erleichtern sollen oder zumindest davor bewahren, viel Energie mit dem Treffen von alltäglichen Entscheidungen zu vergeuden.


Durch Bewegung zu neuen Perspektiven


Ebenfalls auffällig scheint die positive Rolle der Bewegung zu sein. Da Currey sich in diesem Band vielfach Geistesgrößen aus Zeiten anschaut, in denen es, anders als heute, nicht üblich war Sport zu treiben, finden sich viele Spaziergänger in ihren Reihen. Es wird berichtet, dass sie häufig bei ihren täglichen Gängen durch die Stadt oder die Natur zündende Einfälle hatten. Mittlerweile werden solche positiven Zusammenhänge zwischen körperlicher Bewegung und neuen Perspektiven und Ideen durch die Hirnforschung bestätigt. Es scheint, dass mit dem Körper auch der Geist in Bewegung kommt und dadurch kreativere Sichtweisen und neue Lösungen möglich werden.

Eines macht diese unterhaltsame Sammlung deutlich: auch große Schöpfungen entstehen letztlich selten in einem großen genialen Wurf, sondern meist aus der Arbeit unendlich vieler Stunden mit kleinen Bemühungen und Schritten. Damit dies geschehen kann, ist viel Selbstdisziplin und Ausdauer von Nöten. Alltagsgewohnheiten und Rituale können dabei offenbar unterstützend wirken. Wer also ein größeres Werk schaffen will und nach Möglichkeiten sucht, seinen Schaffensprozess zu unterstützen, könnte sich durch dieses Buch inspiriert fühlen, nach dem Tagesablauf und den Ritualen zu forschen, die seine Kreativität fördern und ihm einen langen Atem zu geben vermögen. Das ist der konkrete Nutzen, den Kreative aller Arten aus der Lektüre dieses Buches ziehen können.

Mason Currey: Musenküsse. Die täglichen Rituale berühmter Künstler.
Aus dem Amerikanischen von Anna-Christin Kramer.
Kein&Aber 2014 Hardcover,
272 Seiten
ISBN: 978-3-0369-5694-7
16,00 EUR


30. November 2015

Überspannte Kreativität im neuen Steve Jobs Film

von Lukas Böhnlein und Lara Schimweg

In den Kinos läuft derzeit der Film „Steve Jobs“ von Aaron Sorkin und Walter Isaacson. Steve Jobs war ein Innovator nicht nur auf dem Computer- und Technikmarkt. Er beeinflusste auch maßgeblich das Musikbusiness und die Filmindustrie. Die Apple-Produkte stehen für ansprechendes Design. Sie werden ebenso geliebt, wie gehasst. Die Person Steve Jobs dürfte also interessant sein, vor allem auch für Kreative. Und der Film?


Michael Fassbender als Steve Jobs © Universal Pictures

Steve Jobs (gespielt von Michael Fassbender) präsentiert neue Produkte – darum geht es im Wesentlichen. Und jedes mal gibt es kurz vor der Präsentation Schwierigkeiten: Mal mit der Technik, mal mit Mitarbeitern und Geschäftspartnern oder mit Chrisann Brennan, der Mutter seiner verleugneten Tochter Lisa – meistens mit allen auf einmal. Jobs wird klischeehaft als Workaholic dargestellt, dem seine Arbeit wichtiger ist als die Familie. Die Ehe mit Laurene Powell, aus der drei weitere Kinder hervorgingen, bleibt unerwähnt – das Bild des herzlosen Vaters würde wohl brüchig werden. Später nähern sich Jobs und seine erste Tochter Lisa im Film aber an. Ihr tragbarer Kassettenplayer inspiriert Steve Jobs den iPod zu entwerfen. Diese Darstellung wirkt etwas platt, wie viele andere Szenen.
Die Produktpräsentationen werden im Film zum Schaufenster, durch das wir in Jobs Leben blicken sollen. In Wirklichkeit haben all diese Ereignisse natürlich nicht immer kurz vor der Vorstellung neuer Produkte stattgefunden – wenn überhaupt. Der Film geht sehr kreativ mit Jobs Biografie um, so dass man sich durchaus fragen kann, warum es sich lohnt den Film anzuschauen. Kann man als Kreativer etwas aus dem Film mitnehmen?

Steve Jobs (Fassbender) und Steve Wozniak (Rogen)
© Universal Pictures
Vielleicht aus dieser Szene, in der Steve Wozniak (Seth Rogen) seinem Namensvetter Steve Jobs vorwirft, dass er eigentlich keinerlei Kompetenzen besäße:
„You can't write code... you're not an engineer... you're not a designer... you can't put a hammer to a nail. I built the circuit board. The graphical interface was stolen from Xerox Parc. Jef Raskin was the leader of the Mac team before you threw him off his own project! Someone else designed the box! So how come ten times in a day, I read Steve Jobs is a genius? What do you do?“
Steve Jobs antwortet: „I play the orchestra, and you're a good musician. You sit right there and you're the best in your row.“
Vielleicht kann man für sich daraus die Erkenntnis ziehen, dass Kreativschaffende nicht alles beherrschen müssen. Der Komponist muss die Klarinette nicht spielen können – nicht mal Notenkenntnisse sind zwingend erforderlich - und der Architekt muss nicht unbedingt mauern können, um ein Meisterwerk zu schaffen. Ob dieses Gespräch wirklich stattgefunden hat, spielt dabei keine Rolle.


Ob sich der Kinobesuch wirklich lohnt, entscheidet jeder selbst.
Wir freuen uns über Feedback und eine rege Diskussion.

Trailer